Medikamente bei Schilddrüsenerkrankungen
Schilddrüsenunterfunktion und Schilddrüsenüberfunktion werden völlig unterschiedlich behandelt. Im Wesentlichen gibt es zwei Medikamentengruppen: Schilddrüsenhormontabletten bei Schilddrüsenunterfunktion, Thyreostatika bei Schilddrüsenüberfunktion. Für diese Medikamente brauchen Sie in Österreich ein Rezept.
Schilddrüsenhormontabletten: Medikamente gegen Schilddrüsenunterfunktion
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion produziert der Körper nicht ausreichend Schilddrüsenhormone. Dieser Mangel kann mit Schilddrüsenhormon in Tablettenform ausgeglichen werden (Schilddrüsenhormonsubstitution).
Woraus bestehen Schilddrüsenhormontabletten und wie wirken sie?
Schilddrüsenhormontabletten bestehen meist aus reinem T4 (Thyroxin, Tetrajodthyronin). Dieses T4 ist ident mit dem Schilddrüsenhormon, das in der gesunden Schilddrüse gebildet und bei Bedarf ins Blut abgegeben wird. Es wird im Blut an Transportproteine gebunden und gespeichert und hat eine Halbwertszeit von ungefähr acht Tagen. Aus diesem Depot bildet der Körper so viel vom aktiven Hormon T3 (Trijodthyronin), wie benötigt wird.
T4 selbst hat kaum eine Wirkung auf den Stoffwechsel, es dient lediglich als Depot. In den Zellen der verschiedenen Organe wird es in der erforderlichen Menge ins aktive Hormon T3 (Trijodthyronin) umgewandelt. Damit kann der Stoffwechsel in allen Organsystemen und im Zentralnervensystem aufrechterhalten werden. Selten funktioniert die Umwandlung von T4 in T3 nicht. Dann werden Kombinationspräparate verschrieben, die neben T4 auch T3 enthalten.
Welche Nebenwirkungen haben Schilddrüsenhormone in Tablettenform?
In der richtigen Dosierung haben Schilddrüsenhormontabletten keine Nebenwirkungen. Sie ersetzen lediglich das fehlende Schilddrüsenhormon im Körper.
Erst wenn absichtlich oder unabsichtlich zu viel Schilddrüsenhormon zugeführt wird, kommt es zu einer "künstlichen" Schilddrüsenüberfunktion.
Dosierung von Schilddrüsenhormontabletten: Wie viel Schilddrüsenhormon muss ich nehmen?
Der Schilddrüsenarzt kontrolliert in regelmäßigen Abständen, ob die Schilddrüsenhormone richtig dosiert sind. Dafür werden die Schilddrüsenwerte im Blut bestimmt. Sind diese zu hoch oder zu niedrig, wird die Dosis entsprechend angepasst. Für schwangere Schilddrüsenpatientinnen sind regelmäßige Schilddrüsenkontrollen besonders wichtig.
Was muss ich bei der Einnahme von Schilddrüsenhormontabletten beachten?
Schilddrüsenhormontabletten sollten auf nüchternen Magen eingenommen werden, damit sie richtig wirken können. Daher wird die Einnahme morgens vor dem Frühstück und mit Wasser empfohlen. Andere Getränke wie Kaffee, Milch oder Schwarztee blockieren die Aufnahme der Wirkstoffe. Nach der Einnahme der Schilddrüsenhormone sollte man mindestens 30 Minuten bis zur ersten Mahlzeit warten.
Auch andere Medikamente können die Aufnahme des Schilddrüsenhormons vom Magen-Darm-Trakt ins Blut behindern, wenn sie zeitgleich eingenommen werden. Dies betrifft z.B. Eisentabletten, Calcium und Magenschutzpräparate. Fragen Sie am besten Ihren Arzt, zu welchem Zeitpunkt Sie diese Medikamente nehmen sollen.
Keine Einnahme von Schilddrüsenhormon am Untersuchungstag
Am Tag der Schilddrüsenuntersuchung sollten Sie kein Schilddrüsenhormon einnehmen, weil dadurch der fT4-Wert im Blut fälschlicherweise erhöht sein kann. Für Tabletten gegen Schilddrüsenüberfunktion (Thyreostatika, siehe unten) gilt das nicht – diese können am Tag der Blutabnahme wie gewohnt genommen werden.
Haben Sie das Schilddrüsenhormon am Tag der Blutabnahme dennoch eingenommen, sagen Sie das Ihrem Arzt. So kann er einen eventuell erhöhten fT4-Wert bei der Interpretation der Blutwerte berücksichtigen.
Ich habe vergessen, meine Schilddrüsenhormone einzunehmen.
Schilddrüsenhormontabletten sollten regelmäßig eingenommen werden. Wenn Sie häufig auf Ihre Tablette vergessen, führen Sie in Summe zu wenig Schilddrüsenhormon zu. Besprechen Sie das am besten bei der Kontrolle mit Ihrem Schilddrüsenarzt.
Ein einmaliges Auslassen der Schilddrüsentablette hat normalerweise keine Auswirkung auf die Schilddrüsenfunktion, das Depot an T4 im Blut hat eine Halbwertszeit von acht Tagen. Daher ist es auch kein Problem, dass am Tag der Blutabnahme morgens ausnahmsweise keine Schilddrüsenhormone eingenommen werden.
Da man Schilddrüsenhormontabletten auf nüchternen Magen nehmen sollte, sollte eine nachträgliche Einnahme tagsüber nur in Ausnahmefällen stattfinden.
Medikamente nach einer Schilddrüsenoperation
Nach einer Schilddrüsenoperation fehlt die gesamte Schilddrüse oder zumindest ein Teil davon. In der Folge kommt es zu einer Schilddrüsenunterfunktion. In diesen Fällen muss man lebenslang Schilddrüsenhormon nehmen. Die Tabletten können die Aufgaben der fehlenden Schilddrüse ohne Probleme übernehmen. Auch hier wird die Schilddrüsenfunktion regelmäßig kontrolliert, um die Dosis gegebenenfalls anpassen zu können.
Wurde die Schilddrüse aufgrund einer Krebserkrankung entfernt, werden die Schilddrüsenhormontabletten höher dosiert als bei Patienten, die wegen eines Kropfs oder wegen „heißer Knoten“ operiert wurden.
Thyreostatika: Medikamente gegen Schilddrüsenüberfunktion
Besonderheiten der Thyreostatika
Bei Thyreostatika müssen ganz andere Dinge beachtet werden als bei Schilddrüsenhormontabletten. Da sie ihre Wirkung sehr schnell entfalten, sind engmaschige Kontrollen während der gesamten Behandlungsperiode erforderlich. Die Interpretation der Befunde und die weitere Therapieempfehlung erfordern manchmal viel Erfahrung. Der TSH-Wert, der ja die Situation der letzten sechs Wochen widerspiegelt, ist bei einer Thyreostatikatherapie nur beschränkt aussagekräftig.
Thyreostatika sind sehr gute Medikamente, aber es können während der Behandlung gefährliche Nebenwirkungen auftreten, die weiter unten im Text beschrieben werden.
Wie wirken Thyreostatika?
Thyreostatika hemmen die Bildung von Schilddrüsenhormon. Sie werden gegen Schilddrüsenüberfunktion eingesetzt, wenn deren Ursache eine übermäßige Produktion von Schilddrüsenhormonen ist.
Während der Thyreostatika-Therapie müssen regelmäßige und engmaschige Blutkontrollen durchgeführt werden, um gegebenenfalls die Dosierung anzupassen und eventuelle Nebenwirkungen früh zu erkennen.
Wann werden Thyreostatika verschrieben?
Eine Schilddrüsenüberfunktion bei Morbus Basedow wird zu Beginn meist mit Thyreostatika behandelt. Zusätzlich brauchen viele Patienten Beta-Blocker, die nicht direkt auf die Schilddrüse wirken. Beta-Blocker bremsen die gesteigerte Aktivität des Herz-Kreislauf-Systems, die im Rahmen der Überfunktion auftritt.
Die Behandlungsdauer erstreckt sich dabei über zumindest ein Jahr. Bei ungefähr der Hälfte der Patienten normalisiert sich dann die Schilddrüsenfunktion, sodass die Thyreostatika ausgeschlichen werden können. Wenn langfristig keine Besserung eintritt, ist meist eine Operation oder eine Radiojodtherapie anzuraten.
Sogenannte „heiße Knoten“ können ebenfalls zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen. Allerdings ist in so einem Fall eine Behandlung mit Thyreostatika lediglich vorübergehend sinnvoll – diese funktionell autonomen Knoten bilden sich nicht von alleine zurück. Sobald die Schilddrüsenfunktion im Normalbereich ist, sollte eine definitive Therapie (Operation oder Radiojodtherapie) angedacht werden.
Welche Nebenwirkungen haben Thyreostatika?
Thyreostatika können die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) vermindern. Bei einigen wenigen Patienten kann es unter Thyreostatika-Therapie sogar zur Agranulozytose, einem massiven Abfall der weißen Blutkörperchen kommen. Dies macht sich durch Fieber oder anginaähnliche Halsbeschwerden bemerkbar. Wenn solche Symptome unter Thyreostatikatherapie auftreten, müssen daher sofort die weißen Blutkörperchen kontrolliert werden, um diese gefährliche Komplikation ausschließen zu können.
Ebenfalls selten tritt unter Thyreostatika-Therapie eine Leberschädigung auf. Aus diesem Grund werden während der Behandlung auch die Leberwerte regelmäßig kontrolliert. Eine Gelbsucht ist zuerst an einer gelblichen Verfärbung der Augäpfel erkennbar.
Manche Patienten reagieren allergisch auf das verschriebene Thyreostatikum und leiden unter Juckreiz und Hautausschlag. Hier kann eine Therapieumstellung Abhilfe schaffen, bitte kontaktieren Sie in diesem Fall Ihren Schilddrüsenarzt.
Was muss ich bei der Einnahme von Thyreostatika beachten?
Thyreostatika müssen nicht auf nüchternen Magen oder zu einem bestimmten Zeitpunkt eingenommen werden. Das Wichtigste ist, dass Sie sich bei der Dosierung genau an die Empfehlung des betreuenden Schilddrüsenarztes halten und die regelmäßigen Kontrolltermine wahrnehmen.
Das Medikament kann auch am Tag der Schilddrüsenblutkontrolle wie gewohnt eingenommen werden (im Gegensatz zu Schilddrüsenhormontabletten, siehe oben).
Wenn Sie Thyreostatika nehmen und schwanger werden, vereinbaren Sie am besten gleich einen Termin bei Ihrem Schilddrüsenarzt.